Wie du deinen Energiebedarf für Ultracycling und Bikepacking Events berechnest

In Langstreckenrennen wie dem Transcontinental Race oder dem Atlas Mountain Race zählt jede Kalorie. Dein Körper wird über Tage hinweg gefordert, Höchstleistungen zu erbringen – und das ohne die Möglichkeit, sich vollständig zu regenerieren. Hier spielt die richtige Ernährung eine Schlüsselrolle, um dauerhaft leistungsfähig zu bleiben. Wenn du deinen Energiebedarf und die Funktion deiner körpereigenen Reserven nicht genau kennst, könnte das Rennen schon vorzeitig vorbei sein. In diesem Beitrag zeige ich dir, wie du deinen Energieverbrauch im Ultracycling und Bikepacking berechnest, warum das Wissen über Glykogenspeicher und Fettreserven essenziell ist und wie du Fehler bei der Energiezufuhr vermeidest. Am Ende findest du sogar ein praktisches Tool, das dir die Arbeit fast komplett abnimmt : Den Ultracycling & Bikepacking Ernährungsrechner.


1. Grundumsatz – Die Energie, die dein Körper täglich benötigt

Der Grundumsatz ist die Energie, die dein Körper allein für die Aufrechterhaltung der lebenswichtigen Funktionen wie Atmung, Herzschlag und Körpertemperatur benötigt. Selbst im Ruhezustand verbraucht der Körper also kontinuierlich Kalorien. Die Berechnung deines Grundumsatzes ist der erste Schritt, um den Gesamtenergiebedarf während eines Langstreckenrennens zu verstehen.

Eine präzise Berechnung des Grundumsatzes kann mit der Mifflin-St. Jeor-Gleichung erfolgen. Diese gilt als eine der genauesten Methoden, um den Energiebedarf in Ruhe zu ermitteln:

Grundumsatz (kcal/Tag) = (10×Gewicht (kg))+(6,25×Größe (cm))−(5×Alter (Jahre))

+5 (für Männer) oder

−161 (für Frauen)

Beispiel: Ein männlicher Athlet mit einem Gewicht von 70 kg, einer Größe von 1,78 m und einem Alter von 34 Jahren hat einen Grundumsatz von 1.648 kcal pro Tag.

2. Leistungsumsatz – Die Energie, die du auf dem Rad verbrauchst

Neben dem Grundumsatz musst du den Leistungsumsatz berücksichtigen – das ist die Energie, die dein Körper bei der physischen Aktivität verbraucht. Radfahren ist eine extrem energieaufwendige Sportart, besonders bei Langstreckenrennen, die oft über mehrere Tage gehen.

Der Leistungsumsatz lässt sich wie folgt berechnen:

Leistungsumsatz (kcal/h) = Watt × 3,44

Warum 3,44 kcal? Der Wirkungsgrad beim Radfahren beträgt etwa 25 %, was bedeutet, dass nur ein Viertel der aufgenommenen Energie tatsächlich für die Fortbewegung genutzt wird. Der Rest wird in Form von Wärme abgegeben.

Beispiel: Bei einer durchschnittlichen Leistung von 240 Watt über 24 Stunden ergibt sich ein zusätzlicher Leistungsumsatz von 19.814 kcal. Zusammen mit dem Grundumsatz von 1.648 kcal ergibt das einen Gesamtenergiebedarf von 21.462 kcal für ein 24-Stunden-Rennen für unseren Beispielathleten.

3. Die Rolle der körpereigenen Energiereserven: Glykogen vs. Fett

Dein Körper greift während eines Langstreckenrennens auf zwei Hauptquellen für Energie zurück: Glykogen und Fett. Beide haben unterschiedliche Eigenschaften, die du kennen solltest, um deine Leistung zu maximieren.

Glykogen: Dein schnellster Energielieferant

Glykogen ist die primäre, schnell verfügbare Energiequelle deines Körpers. Es wird in den Muskeln und der Leber gespeichert. Allerdings sind diese Speicher begrenzt: Dein Körper kann insgesamt nur etwa 400–500 g Glykogen speichern, was etwa 2.000 kcal entspricht. Diese Menge reicht gerade einmal für ein paar Stunden intensiver Belastung. Danach müssen entweder neue Kohlenhydrate zugeführt werden, oder dein Körper wechselt in den Fettstoffwechsel.

Fett: Langsame, aber nahezu unerschöpfliche Energie

Im Gegensatz zu Glykogen sind die Fettreserven deines Körpers praktisch unbegrenzt. Ein 70 kg schwerer Athlet mit nur 5 % Körperfett hat etwa 33.000 kcal an Fettreserven. Diese können für längere Belastungen genutzt werden, allerdings nur bei niedriger bis mittlerer Intensität, da die Energiegewinnung aus Fett langsamer erfolgt und Sauerstoff benötigt. Fett wird während moderater Belastung langsam, aber stetig abgebaut, während du auf deine Glykogenreserven angewiesen bist, um hohe Intensitäten zu bewältigen.

Hier eine Übersicht der körpereigenen Energiereserven:

EnergiespeicherMännerFrauen
Glykogen (in der Leber)90 g70 g
Glykogen (in den Muskeln)400 g300 g
Fett (in den Muskeln)500 g500 g
Fett (im Gewebe)7-10 kg12-20 kg

Studien zur Nutzung von Energiereserven

Eine Studie von Knechtle et al. zeigt, dass Langstreckenathleten bei einem 600 km langen Rennen etwa 2,2 % ihres Körpergewichts verlieren, wobei die meiste Abnahme auf den Verlust von Körperfett zurückzuführen ist. Der Fettabbau betrug dabei durchschnittlich 9,8 % – das entspricht einer Reduktion von 1,4 kg Fett.

Bescós et al. beobachteten bei einem 24-Stunden-Rennen, dass etwa 65 % des Energiebedarfs durch körpereigene Fettreserven gedeckt wurden. Das bedeutet, dass bei längeren Rennen dein Körper hauptsächlich auf Fettreserven zurückgreift, während Glykogen vor allem in den ersten Stunden entscheidend ist.

4. Die Gefahr des Energieüberschusses: Zu viel ist auch schädlich

Während ein Kaloriendefizit zu einem Leistungseinbruch führen kann, ist auch das Gegenteil – ein Energieüberschuss – problematisch. Wenn du deinem Körper zu viele Kalorien zuführst, kann das Verdauungssystem überlastet werden. Die Folge sind oft Blähungen, Übelkeit oder sogar Erbrechen, was deine Leistung erheblich beeinträchtigen kann.

Das habe ich selbst beim Glocknerman erfahren. Meine Crew hatte mich darauf eingestellt, mindestens 250 kcal pro Stunde zu konsumieren, doch mein Körpergewicht von 56 kg und die vergleichsweise geringere benötigte Leistung führten zu einem Kalorienüberschuss. Nach ein paar Stunden kam es zu Magenproblemen, die letztlich in Übelkeit und Erbrechen gipfelten. Wir passten daraufhin meine Ernährung an und reduzierten die Kalorienzufuhr – das half mir, das Rennen trotz der anfänglichen Schwierigkeiten zu finishen.


Praktische Tipps für deine Energieplanung:

  1. Leistungsüberwachung: Nutze einen Wattmesser, um deine durchschnittliche Leistung zu überwachen und damit eine genauere Berechnung deines Kalorienbedarfs zu ermöglichen.
  2. Individuelle Anpassung: Berechne deine persönliche Kalorienzufuhr basierend auf deinem Körpergewicht und deiner Leistung. Es ist wichtig, die Zufuhr an deine individuellen Anforderungen anzupassen, um Magenbeschwerden zu vermeiden.
  3. Fettreserven aufbauen: Vor sehr langen Rennen wie dem Transcontinental Race kann es sinnvoll sein, bewusst Fettreserven aufzubauen, um deine Leistung über die Dauer des Events zu stützen.
  4. Mischung aus fester und flüssiger Nahrung: Achte darauf, dass du je nach Belastung und Wohlbefinden zwischen flüssiger und fester Nahrung wechseln kannst. Flüssige Nahrung kann leichter aufgenommen werden, während feste Nahrung mehr Sättigung bietet.

Der Ultracycling und Bikepacking Ernährungsrechner

Wenn du dir nicht alle Gedanken zu deinem Energiebedarf und der Zusammensetzung der Makronährstoffe selbst machen möchtest, findest du im nachfolgenden Link meinen Ultracycling und Bikepacking Ernährungsrechner.

Basierend auf deinen biometrischen Daten, deiner Effizienz und geplanten Fahrweise bekommst du hier automatisch eine Empfehlung für deine Energiezufuhr. Probier es einfach mal aus.

zum Ultracycling & Bikepacking Ernährungsrechner


Weitere Infos

Der Schlüssel zum Erfolg bei Ultracycling und Bikepacking Rennen liegt in der richtigen Energiebalance. Ob es darum geht, deine Glykogenspeicher aufzufüllen oder deine Fettreserven zu nutzen – die richtige Strategie wird dir helfen, dein Rennen zu beenden und deine persönlichen Ziele zu erreichen. Möchtest du mehr über das Thema Ernährung im Langstreckenradsport erfahren? Hol dir hier mein Buch, in dem ich detaillierte Pläne und Strategien für deine Langstreckenabenteuer erläutere!

Buch: Ultracycling & Bikepacking – Alles, was du wissen musst.

Veröffentlicht von Stefan

Ultracyclist, Ironman, Medical Fitness and Endurance Coach

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