Krafttraining im Ultracycling und Bikepacking

Warum Krafttraining für Ultracycling und Bikepacking entscheidend ist

Für Ultracycling und Bikepacking ist Krafttraining ein echter Gamechanger. Es macht dich nicht nur leistungsstärker, sondern hilft dir auch, Verletzungen vorzubeugen und extremen Bedingungen besser standzuhalten. Egal, ob du dich auf legendäre Rennen wie das Transcontinental Race oder eine anspruchsvolle Bikepacking-Tour vorbereitest – die richtige Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining bringt dich auf ein neues Level.

Für die Langstrecke ist das Krafttraining dabei besonders relevant. Denn im Laufe eines langen Rennens, lässt die Trittfrquenz typischerweise immer weiter nach. Im Umkehrschluss steigt das Drehmoment. Und somit auch die Belastung für die Muskulatur und für die Gelenke – vor allem für das Knie. In diesem Blogpost erfährst du, wie Maximalkrafttraining, explosives Krafttraining und K3-Intervalle dir helfen können, dich vorab auf diese Belastung vorzubereiten und Knieschmerzen so zu vermeiden..


1. Maximalkrafttraining

Maximalkrafttraining zielt darauf ab, deine Muskulatur effizienter und stärker zu machen. Es wird ohne Rad durchgeführt und eignet sich perfekt, um deine Grundkraft zu steigern – eine wichtige Voraussetzung für Ultracycling- und Bikepacking-Abenteuer.

Trainingsumfang und Planung

  • Dauer: Ein Krafttrainingszyklus dauert in der Regel 8 bis 12 Wochen.
  • Häufigkeit: Plane zwei Einheiten pro Woche ein.
  • Anpassung: Während intensiver Ausdauerphasen sollte das Krafttraining reduziert werden, um Überlastung zu vermeiden. Besonders nach einem Krafttrainingstag kann deine Ausdauerleistung eingeschränkt sein – ein Ruhetag oder eine lockere Einheit am Folgetag sind ratsam. Der Winter ist folglich die perfekte Jahreszeit für dieses Training.

Die ideale Übung: Bulgarian Split Squat

Der Bulgarian Split Squat ist eine der besten Übungen, um die Muskulatur spezifisch auf das Radfahren vorzubereiten:

  1. Startposition: Das hintere Bein wird leicht erhöht auf einen Hocker oder eine Bank gelegt.
  2. Bewegung: Beuge das vordere Bein langsam bis zu einem 90-Grad-Winkel im Knie. Das hintere Knie bleibt dabei knapp über dem Boden.
  3. Fokus: Die Beugung erfolgt kontrolliert (2–3 Sekunden), die Streckung explosiv. Halte dabei den Rücken gerade.

Gewichte und Intensität

  • Nutze Langhanteln, Kurzhanteln oder Kettlebells, um die Übung zu intensivieren.
  • Trainiere mit ca. 80 % deines 1-Wiederholungsmaximums (1 RM) und führe drei Sätze à 10, 8 und 6 Wiederholungen durch.
  • Gönn dir zwischen den Sätzen 2–3 Minuten Pause, damit sich die Muskulatur erholen kann.

2. Explosives Krafttraining

Für alle, die keine Möglichkeit haben ein Maximalkrafttraining mit schweren Gewichten zu absolvieren, kommt alternativ das explosive Krafttraining in Frage. Das Explosive Krafttraining kombiniert leichte oder gar keine Gewichte mit einer hohen Wiederholungszahl und explosiver Bewegungsausführung. Mit den richtigen radspezifischen Übungen können die gleichen positiven Effekte wie beim Maximalkrafttraining generiert werden. Nur eben mit dem Vorteil, das diese Form des Trainings für die meisten deutlich leichter umzusetzen ist.

So funktioniert explosives Training:

  • Gewicht: Arbeite mit wenig oder gar keinem Zusatzgewicht.
  • Wiederholungen: 30 Wiederholungen pro Satz. Am besten mit 15 beginnen und langsam steigern.
  • Sätze: Absolviere 3–4 Sätze mit 2–3 Minuten passiver Pause.
  • Bewegungsausführung: Die Abwärtsbewegung erfolgt kontrolliert, die Aufwärtsbewegung explosiv.

Auch hier eignet sich der Bulgarian Split Squat ideal, da die konzentrische Phase – also die Streckung des Beins – perfekt auf die Anforderungen des Radfahrens abgestimmt ist. Wenn du einen konkreten Trainingsplan für ein explosives Krafttraining suchst (inkl. Videoanleitungen der Übungen) oder grundsätzlich mehr über diese Trainingsform erfahren magst, findest du hier noch einen separaten Beitrag dazu.


3. Kraft-am-Berg-Intervalle (K3-Intervalle) – Training direkt auf dem Rad

Für ein radspezifisches Krafttraining bieten sich Kraft-am-Berg-Intervalle an. Diese Art des Trainings lässt sich direkt in dein Bikepacking- oder Ultracycling-Training integrieren und simuliert die Belastung von langen Bergfahrten mit niedriger Trittfrequenz. Diese Form des Trainings darf in keinem Plan fehlen. Vor allem wenn du ein bergiges Event als Ziel hast, aber im Training selten die gelegenheit hast, Anstiege zu fahren, ist das K3 Training wichtig. In diesem Fall musst du zwar auf die Rolle ausweichen, aber es funktioniert trotzdem. Denn der Kern des Trainings ist die Erzeugung eines hohen Drehmoments.

Zur Erinnerung: Die Leistung, die du erbringst (in Watt) ist immer das Produkt aus Trittfrquenz mal Drehmoment. Indem du nun die Leistung konstant hältst und die Trittfrquenz reduzierst, erhöhst du automatisch das Drehmoment.

So führst du K3-Intervalle durch:

  1. Anstieg wählen: Finde einen gleichmäßigen Berg, dessen Auffahrt mindestens 5 Minuten dauert. Erfahrenere Athleten:innen können Anstiege mit bis zu 20 Minuten wählen.
  2. Gang wählen: Wähle einen hohen Gang und fahre mit einer niedrigen Trittfrequenz von 40–60 U/min.
  3. Herzfrequenz: Halte die Herzfrequenz im oberen Grundlagenbereich, um primär die Muskulatur zu fordern.
  4. Wiederholungen: Absolviere bis zu sechs Intervalle, wenn ein Intervall nur ca. 5 Minuten dauert oder drei Wiederholungen, wenn ein Intervall ca. 15 bis 20 Minuten dauert.
  5. Technik: Konzentriere dich auf einen schönen Pedaltritt. Du drückst die Kurbel ab dem höchsten Punkt nach vorne – und nicht lediglich nach unten.

Spezifischer Trainingsreiz

Diese Intervalle sind besonders effektiv, um deine Muskeln und Knie auf die Belastung langer Touren vorzubereiten. Sie eignen sich perfekt für Langstreckenrennen, da sie die typischen niedrigen Trittfrequenzen am Berg simulieren, die du bei Ultracycling- oder Bikepacking-Events häufig erleben wirst.


4. Krafttraining und Ausdauertraining – Die richtige Kombination

Kraft- und Ausdauertraining an einem Tag zu absolvieren, kann sinnvoll sein, wenn du einige Regeln beachtest:

  • Reihenfolge: Absolviere immer zuerst das Krafttraining, da es die Anpassungsprozesse im Ausdauerbereich sonst beeinträchtigen kann.
  • Krafterhaltung: Nach einem Kraft-Zyklus ist es wichtig, die erlangten Fortschritte mit einem Erhaltungsprogramm zu stabilisieren. Eine Einheit alle 7–10 Tage reicht aus, um die Effekte langfristig zu sichern.
  • Tipp: Am besten ein 10-12 wöchiges Kraftaufbautraining im Winter absolvieren und ab Frühling in ein Erhaltungstraining wechseln.

Fazit: Dein Weg zu mehr Power auf dem Rad

Ob Maximalkraft, explosives Krafttraining oder K3-Intervalle – ein gezieltes Krafttraining macht dich nicht nur stärker, sondern bereitet dich auch mental und körperlich auf die Herausforderungen des Ultracycling und Bikepackings vor.

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Buch: Ultracycling und Bikepacking – Alles, was du wissen musst.

Veröffentlicht von Stefan

Ultracyclist, Ironman, Medical Fitness and Endurance Coach

3 Kommentare zu „Krafttraining im Ultracycling und Bikepacking

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